Wettlauf nach

 
eine Geschichte von und mit Jörg Hausmann dem Bodensee

Donnerstagabend zuvor

Nun sitzen wir alle zusammen. Letzte Absprachen zu unserer diesjährigen Reise. Bodensee. Natürlich wäre Harald, der Wirt vom Gartenheim, gern mitgefahren aber sein Terminkalender lässt es nicht zu. Schade.
Wer fährt? Eigentlich sind unser Schriftführer Jörg Reinhold und unser Vorsitzender Jörg Richter dran. Aber wie das so ist, kann unser Vorsitzender nicht. Gerade jetzt macht er eine 14-Tage-Kur mit Tabletten, die seine Fahrtüchtigkeit beeinträchtigen. Immerhin seit knapp einem Jahr wissen wir, dass dieses Wochenende die Fahrt stattfindet! Bleibt uns also nur das Ausweichangebot von unserem Schlichter Thomas Voigt übrig. Nicht dicker 530d, sondern zehnjähriger Vectra. Nicht Pferdestärken und Newtonmeter sondern rostende Kotflügel. Was soll’s, morgen geht’s los!


Freitag

Pünktlich 9.oo Uhr rollt der silberfarbene Citroen bei mir vor. Jörg Reinhold sitzt am Steuer, sein Bruder Karsten Knoblauch, unser Alterspräsident, neben ihm. Schnell sind meine Sachen verstaut, ich eingestiegen und unsere Reise beginnt. Das übliche Alle-stehen-vor-dem-Auto Foto entfällt, davon haben wir genügend.
Leichter Nieselregen tropft gegen die Fenster. Der Jahrhundertsommer hat sich abgemeldet und die erste Kälte zeigt ihre Kräfte.
Burgstädt liegt eben hinter uns. Kurz vor der Autobahn ruft Karsten die andere Wagenbesatzung an. Thomas in seinem roten Opel, daneben unser Vorsitzender Jörg Richter und hinten im Wagen hat unser Schatzmeister Gerd Bussenius Platz gefunden. „Ja, wir fahren eben los.“ Das haben wir nicht erwartet. Denn der Vorsitzende hat das gleiche Problem wie Schumi vorm Grand Prix. Nur muss er sich dazu setzen. Wir haben also keinen großen Vorsprung und werden nicht lange auf die zweite Besatzung warten müssen.
Schnell erreichen wir die Autobahn, und ab geht es Richtung Bayreuth - Nürnberg. Eine Pause gönnen wir uns in der Raststätte Frankenhöhe. Wir haben noch gar nicht aufgegessen, stößt die zweite Wagenbesatzung schon zu uns. Das alte Auto hält beachtlich mit! Weiter geht es. Karsten lotst per Handy unsere beiden Wagen sicher auf den letzten Autobahnkilometern. Dann kommen Tunnel ohne Handyempfang. Trotzdem müssen wir nicht lange auf die anderen warten. Gemeinsam fahren wir nun durch die Voralpenregion.

Auf einem Berg, abseits jeglicher städtischer Bebauung, umgeben von Natur pur, erwartet uns unser Quartier. Wir wohnen auf dem Bauernhof bei Franz und Rosel Birkle, Iglerberg 4/1 in 88069 Tettnang/Leimnau. Und wenn ich die Adresse hier nenne, kommt natürlich auch die Telefonnummer: 07542/54692 und Fax: 07542/54540.
Für diese Reise haben wir drei Doppelzimmer geordert. Zu Thomas gesellt sich unser Vorsitzender in das einzige Zimmer mit Balkon. Karsten und Gerd beziehen das nächste Zimmer und im dritten Zimmer wohnen Jörg und Jörg der Frauenbeauftragte. Damit bin ich also auch einmal beim Namen genannt. Nach unserem Einzug treffen wir uns auf dem Balkon, genießen den Ausblick und die ersten Biere werden geleert. Unsere Wirtin bestellt uns einen Tisch zum Abendbrot und wir sind vollauf zufrieden.
unsere Unterkunft
Stadtschloss Tettnang Aber wir haben noch Zeit. „Besuchen wir Tettnang.“ Diese kleine gepflegte Stadt besitzt einen sehr schönen alten Stadtkern. Das Wetter hat sich deutlich gebessert und so können wir draußen sitzend, unseren Kaffee genießen. Die Autos der Einheimischen sind alle eine Nummer größer als unsere und in der Innenstadt herrscht gelassenes Gedränge. Urlaub. Abschalten. Einfach schön. Wir besuchen noch das Schloss, ein schönes großes Einfamilienhaus mit aufgemalten Simsen, Kanten und Zierstuck welches von einer beeindruckenden Parkanlage gesäumt ist. Von der Terrasse hat man einen schönen Ausblick Richtung Bodensee. Von dort aus erleben wir die erste Begegnung mit dem Zeppelin NT, der gerade landet.
Die Zeit verfliegt und wir fahren in unser einsames Quartier zurück, stellen die Autos ab und wandern ca. einen Kilometer zu Tal in den Gasthof um den Abend zu verleben.
Uns wird der Stammtisch zugewiesen. Ein feines Stück. Über und über mit Intarsien geschmückt. Das Ambiente astrein! Die Bedienung gut drauf und das Bier hervorragend. Ein super Abend! Nur die Burschen vom Nachbartisch, welche uns des öfteren mustern, sehen massig und gut in Form aus. Aber sie tun uns nichts. Der Nachhauseweg zieht sich angesichts unserer Verfassung etwas in die Länge. Ist schon o.K. so!

Samstag

Punkt 8.oo Uhr versammeln wir uns zum Frühstück. Daran gibt es nichts zu mäkeln. Oder doch? Irgendwie wird das Brot im Mund immer mehr. Komisch. Besonders der Vorsitzende hat darunter sehr zu leiden. Irgendwie findet der Teil des Backvorganges, wo das Brot aufgeht, erst in unseren Mägen statt. Auch hat Gerd noch etwas mit den Obstlern vom Vorabend zu kämpfen.
Anschließend begeben wir uns auf die Piste.
In Tettnang gibt es einige Kreisverkehre. Gestern haben wir in einem etwas gedreht, um auf das andere Auto zu warten. Heute folgt uns der Wagen eine Ehrenrunde lang, um noch einmal daran zu erinnern. Über einsame Straßen führt unser Weg. Doch haben wir die Rechnung ohne das Verkehrsamt gemacht. Umleitungen. Dadurch erreichen wir unser erstes Etappenziel Meersburg mit Verspätung.
Die Fähre über den Bodensee hat gerade abgelegt. Unser Reiseleiter Karsten wird ein wenig gerüffelt und schmollt daraufhin. Natürlich ist das nur Spaß!
Beim Warten genießen wir das sonnige Wetter auf der Flaniermeile der Hafenstadt. Über uns schwebt der Zeppelin mit leisem Gebrumm. Wir hätten mitfahren können. Aber der „bescheidene“ Reisepreis von 370,00 € pro Stunde lässt uns dieses Erlebnis vielleicht auf das nächste Mal verschieben.
Die Zeit verstreicht und wir können unser Schiff betreten. Vorn sichern wir uns den Platz „in der ersten Reihe“. Nur der heftige Wind trübt etwas die Überfahrt nach Konstanz. Unser Ziel: das Sea-Live-Center. Die Eintrittskarten waren im Vorfeld gekauft, so dass wir keine Wartezeit vertrödeln müssen. Dunkelheit umfängt uns. Das gedämpfte Licht beleuchtet ausreichend die gigantischen Aquarien. Die hier lebenden Meeresbewohner machen einen unvergesslichen Eindruck auf uns. Lautlos gleiten sie an uns vorbei oder verkriechen sich. Einzeln oder in Schwärmen, gelangweilt oder hastig. Richtig groß und winzig klein. Einfach toll.
Mittag, es ist schon relativ spät. Hunger!!! Wir können es natürlich nicht erwarten und nehmen die erstbeste Gelegenheit wahr. Direkt an das Center angeschlossen ist das Restaurant nicht zu verfehlen. Einzigartig schlecht! Wir stellen uns an, der Andrang ist überschaubar. Die Köchin nimmt die Bestellung auf und kocht bzw. brät sofort das Gewünschte. Danach erst kommt der Nächste dran. Das dauert! Mit dem Essen auf dem Tablett geht´s zur Kasse. Der Kassierer hat natürlich nicht nur zu kassieren. Er lässt auch, selbstverständlich einzeln für jeden Gast, das Bier raus. Das dauert nochmal.
Mit dem kalten Essen geht es dann endlich zur Terrasse. Die Sonne scheint sommerlich und lässt uns das fade Essen vertilgen.
Die Spatzen haben hier ihr kleines Paradies. Keinen Meter Abstand von den Gästen verzehren sie die Speisereste. Sie springen über die Tische direkt auf verlassene Teller. Belagern Stühle und fliehen erst im letzten Augenblick. Thomas hält Brot so still, dass die frechen Spatzen ihm direkt aus der Hand fressen. Er freut sich diebisch darüber!
Unsere Zeit bis zur Abfahrt nutzen wir zu einem kleinen Stadtbummel. Konstanz ist abgesehen vom Bodenseeufer, komplett von der Schweiz umgeben. Quirlig bevölkern die vielen Touristen die sehenswerte Stadt. Viel zu schnell vergeht die Zeit und wir haben zu tun, unser Schiff pünktlich zu erreichen. Jeder findet seinen Platz und wir trinken gemütlich unseren Kaffee.
Nach der Seereise wandern wir durch die engen, steilen Gassen von Meersburg. Ein Wasserrad muss natürlich begutachtet werden. Angekommen auf dem Parkplatz, sehe ich den ersten Z8 in Freiheit. Überhaupt stehen hier ausgenommen viele Roadster von BMW herum!
Aber für uns geht es nun nach Salem auf den Affenberg. Hier leben über 200 Berberaffen in vier Gruppen wie in freier Wildbahn. Eigentlich sind sie in Marokko und Algerien zu Hause. Aber hier am Bodensee fühlen sie sich so wohl, dass sie sich stark vermehren. So konnte zum Beispiel 1986 eine ganze Gruppe wieder in ihre Heimat nach Nordafrika ausgesiedelt werden.
Problemlos würden sie sich über das gesamte Bodenseegebiet ausbreiten. Aus diesem Grund ist das Gelände sehr gut gesichert!
Affenberg in Salem
Affenberg in Salem Nach kurzen Verhaltensordern dürfen wir dann rein. Da sitzen sie. Scheinbar gelangweilt warten einige auf den Begrenzungsstangen sitzend um gefüttert zu werden.
Das bereitgestellte Futter legen wir flach auf die Hand, reichen es den Tieren und mit geübtem Griff nehmen die Affen die Gabe an. Höre ich ein Danke? Kein Danke! Na gut, wenigstens dulden sie uns in ihrem Gebiet. Dieses Mal sind wir hier die Gäste im Gehege. Nicht wie im Zoo!
Im Anschluss besuchen wir den Storchenweiher. Bis zu zwölf Horste sind hier jedes Jahr von den Vögeln belegt. Zur Fütterung schweben sie in großer Menge heran. Es gibt Eintagsküken.
Die männlichen Küken sind für die Eierproduktion nicht verwendbar und stillen so den Hunger von Meister Adebar, dem Klapperstorch.
Storchenweiher in Salem
Am Abend? Klar! Wanderung zu unserer Schänke vom Vorabend. Proppevoll. Aber wir haben ja vorbestellt. Am anderen Ende unserer Tafel sitzen schon Gäste. Wohl gepflegt und einige Gehaltsgruppen über den unseren, aber verträglich. Und was essen die zum Abschluss? Bratkartoffeln mit Vanilleeis und Sahne! So sieht es jedenfalls aus. Aber in Wirklichkeit ist das eine Art Kaiserschmarrn und die „Bratkartoffeln“ sind eine Teigware.
Nach diesen Gästen kommen die stämmigen Herren vom Vortag an unseren Tisch. Diese entpuppen sich als Finanzberater und wir haben sehr viel Spaß zusammen, so dass auch dieser Tag sehr angenehm am frühen Sonntagmorgen zu Ende geht.

Sonntag

Wie am Vortag gibt es wieder dieses fürchterliche Brot zum Frühstück. Unausgebacken, klebrig und stopfend! Einfach fürchterlich! Wir ertragen es leise schimpfend. Aber sonst gibt es kein Gemecker über unsere Unterkunft!
Vor der Abfahrt füllt Thomas noch einmal sämtliche Flüssigkeiten an seinem Opel auf. Ein Wagen in diesem biblischen Alter verbraucht nicht nur Benzin!
Hafen in Friedrichshafen Aber vor der Rückreise geht es erst einmal nach Friedrichshafen. Bald haben wir das Parkhaus erreicht. In den leeren Reihen werden schnell die Plätze belegt. Dann weiter zum Zeppelin-Museum. Mist, zu früh! Noch geschlossen. Kein Problem, der Besuch des Hafens wird die Zeit verkürzen. Am Ende der Mole wartet ein Turm auf unsere Besteigung. Irgendwann hat auch der letzte Fußlahme zu uns herauf gefunden. Es ist schon beeindruckend, wie die dicken Schiffe die schmale Hafeneinfahrt meistern!
Direkt vor uns liegt das Zeppelin-Museum Friedrichshafen, es vereint Kunst und Technik unter einem Dach.
Uns interessiert die Luftschifffahrt. Imposant ist die Größe dieser Zigarren der Lüfte. Technik des Leichtbaus und Eleganz der Kabinen zeugen von Ingenieurleistung und Harmonie bester Art. Geschichte, physikalische Grundlagen, Aerodynamik, Navigation und Funktechnik begeistern uns genau so wie die Ziele und großen Reisen dieses Zeugnisses deutschen Forscherdrangs.
Nun ist es schon wieder Mittag. Der Italiener hat nur Eis und die Kaufmeile ist leer. Umso belebter ist die Uferpromenade mit ihren Straßenrestaurants und Souvenirshops. Das schöne Wetter lässt es zu, draußen zu essen. Nur der Wind bläst ungemütlich. Auf dem Bodensee rasen die Windsurfer in ungeahnter Geschwindigkeit über das Wasser. Der Sonntag lockt viele Sportler auf die Wasserfläche, so dass viele Segel das Bild bestimmen.
Auch die Heimreise verläuft reibungslos. Zur Pause zwischendurch in der Raststätte flimmert der Fernseher und Schumi fährt gerade irgendeinen Sieg ein.
Nacheinander gehen wir wieder auf die Piste. Das letzte Teilstück, 250 km. Zuerst wir, kurz danach die Opel-Crew. Die Autobahn ist leer und Jörg tritt das Bodenblech hinaus, bald ist der rote Wagen aus dem Rückspiegel verschwunden. Denken wir! Zuhause angekommen werde zuerst ich samt meiner Habseligkeiten ausgeladen, anschließend der Alterspräsident, dann fährt auch Jörg nach Hause. Doch welche Überraschung, der rote Opel steht schon auf dem Hof von Thomas. Offensichtlich hat auch die zweite Besatzung jedes PS ausschließlich zur Fortbewegung genutzt! Es ist wie im richtigen Leben, Rot liegt vorn und Silber bekommt die Arschkarte.

Unser Karsten verschaffte uns mit seiner Organisation der Fahrt ein tolles Ergebnis. Danke!!!

Bilder: Jörg Hausmann / Karsten Knoblauch